Im Dezember 1944 fand die Belagerung des Ardennenstädtchens Bastogne statt. Sie war Teil der Ardennenoffensive, der letzten größeren Offensive der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Die Offensive begann am 16. Dezember 1944. Das Ziel war es, den Hafen von Antwerpen zu erreichen und zu halten.
Um diesen zu erreichen, bevor die Alliierten ihre Truppen neu ordnen und ihre Luftüberlegenheit einsetzen konnten, mussten die deutschen motorisierten Truppen die Straßen durch Ostbelgien in ihren Besitz bringen.
Weil alle sieben Hauptstraßen durch die Ardennen in Bastogne zusammenlaufen, war es für die deutsche Offensive essenziell, diesen Verkehrsknotenpunkt unter Kontrolle zu bekommen bzw. zu halten.
Die Wehrmacht belagerte Bastogne vom 20. bis zum 27. Dezember 1944, bis die eingekesselten US-Streitkräfte von einem Stoßtrupp von General George S. Pattons 3. US-Armee befreit wurden.
Ausgangslage, Vorgeschichte
Nach der erfolgreichen Landung in der Normandie (D-Day 6. Juni 1944) waren die Alliierten zügig vorangekommen. Unter anderem hatte am 25. August 1944 der deutsche Stadtkommandant von Paris fast kampflos kapituliert.
Durch den raschen Vormarsch wurde die Versorgung der Truppen immer schwieriger. Der Hafen von Antwerpen war zwar Anfang September von der britischen 2. Armee besetzt worden. Da Antwerpen aber im Hinterland der Scheldemündung, etwa 80 Kilometer von der Küste entfernt liegt, wurde eine Nutzung erst möglich, nachdem es gelungen war, die starken deutschen Artilleriestellungen auf der vorgelagerten Insel Walcheren auszuschalten.
Dies geschah vom 2. Oktober bis zum 8. November 1944 in der blutigen Schlacht an der Scheldemündung. Danach musste der Fluss noch mühsam von den dort gelegten Seeminen geräumt werden. Am 28. November fuhr der erste Konvoi in den Hafen ein. Die Deutschen hofften, durch die Rückeroberung des Hafens den alliierten Nachschub massiv zu verringern.
Am 21. Oktober 1944 war Aachen als erste deutsche Großstadt gefallen.
Adolf Hitler entwarf den Plan, die Front in Belgien zu attackieren. 55 Divisionen sollten einen Überraschungsangriff durch die winterlichen Ardennen vorantreiben, die Maas überschreiten und Antwerpen zurückerobern.
Obwohl seine Oberbefehlshaber erhebliche Zweifel äußerten, darunter auch Gerd von Rundstedt und Walter Model, wurde der Plan nicht modifiziert und als Starttermin wurde der 16. Dezember festgelegt.
Die alliierten Kommandeure hielten die Ardennen für ungeeignet für einen größeren deutschen Angriff, vor allem wegen des Geländes. Zudem meldeten Berichte der Aufklärung, die in diesem Gebiet stationierten deutschen Divisionen seien schwach. In den Wochen vor dem 16. Dezember hatte kein Kommandeur Grund zu der Annahme, dass eine Offensive bevorstehen könne.
Bastogne, ein wichtiger Straßen-Knotenpunkt, wurde vor allem von der 28. US-Infanteriedivision verteidigt. Diese hatte vom 22. Juli bis zum 19. November pausenlos gekämpft und wurde dann in dieses relativ ruhige Gebiet abkommandiert.
Hasso von Manteuffel kommandierte die 5. Panzerarmee. Zu seiner Truppe gehörte das XXXXVII. Panzerkorps, kommandiert von Heinrich Freiherr von Lüttwitz. Es bekam den Auftrag, Bastogne zu erobern und dann die Maas nahe Namur zu überqueren.
Von Lüttwitz plante, auf einem 11 km breiten Frontabschnitt mit drei Divisionen anzugreifen: Die 26. Volksgrenadier-Division und die 2. Panzer-Division sollten den Angriff führen, die Panzer-Lehr-Division dahinter.
Auf der anderen Seite der Front standen zwei Bataillone des 110. US-Infanterieregiments (das dritte war Divisionsreserve), verantwortlich für einen 14 km langen Frontabschnitt am Fluss Our.
Die Alliierten waren in kleinen Gruppen auf größere Dörfer verteilt und besetzten tagsüber Posten an der Our. Weil sie zu wenige waren, um eine gleichmäßig besetzte Frontlinie zu bilden, richteten sie ihr Hauptaugenmerk auf die vier Straßen, die die Our überquerten.
Weil es vor dem deutschen Vorrücken stark regnete, war nur eine der Straßen in hinreichendem Zustand, um als Überquerungspunkt genutzt zu werden, nämlich die nördlichste der vier. Sie überquert die Our bei Dasburg und führt dann nach Clervaux und Bastogne.
Die 2. Panzer-Division bekam den Auftrag, dort den Fluss zu überqueren; die 26. Volksgrenadier-Division würde eine Brücke bei Gemünd bauen und überschreiten.
Von Lüttwitz wusste um die Bedeutung der Straßen rund um Bastogne und dass die Stadt eingenommen werden musste, bevor sein Korps weiter westwärts vorstoßen konnte. Darum befahl er der Panzer-Lehr-Division, nach Bastogne vorzustoßen, sobald seine anderen Truppen die Clerve überschritten hatten.
Angriff
Am Abend des 15. Dezember stellte die 26. VGD eine Linie von Außenposten am Westufer der Our, was sie routinemäßig während der Nachtstunden taten. Um 3:00 Uhr morgens begannen sie, Männer und Ausrüstung über die Our zu setzen, ziemlich in der Nähe amerikanischer Stellungen. Um 5:30 Uhr begann deutsche Artillerie, amerikanische Positionen zu beschießen und zerstörte Telefonleitungen, als die Infanterie vorrückte. Schon aufgrund ihrer schieren Überzahl kamen sie schnell voran.
In Weiler-lès-Putscheid konnte sich eine amerikanische Kompanie, unterstützt von einigen Mörsern und einem Platoon von Anti-Panzer-Geschützen, bis zum Einbruch der Nacht gegen wiederholte Angriffe von deutschen Bataillonen halten.
Der Plan der Deutschen, die Clerve am Abend des ersten Angriffstages überquert zu haben, konnte um zwei Tage verzögert werden.
Am 19. Dezember wurde der Kommandoposten der 28. US-Division von Bastogne nach Wiltz verlegt (ein großes Dorf südöstlich von Bastogne).
Das 44. Ingenieur-Bataillon wurde nördlich von Bastogne aufgestellt; es wurde aber bald angegriffen, zog sich nach Bastogne zurück und sprengte beim Rückzug eine Brücke.
Die etwa 500 Mann hielten bis zum Abend durch; als ihre Positionen unhaltbar wurden, zogen sie sich Richtung Westen zurück. Die 110. Infanterie war nicht mehr kampffähig.
Reservetruppen
Obwohl es in den Wochen vor der Attacke bemerkenswerte Anzeichen gegeben hatte, überraschte die Ardennenoffensive die meisten. Am Ende des zweiten Gefechtstages wurde offenbar, dass die 28. Infanterie kurz vor dem Zusammenbruch stand. Maj. Gen. Troy H. Middleton, Kommandeur des VIII. US-Korps, befahl einen Teil seiner gepanzerten Reserve – »Combat Command B« der 10th Armored Division – nach Bastogne.
Das CCB bestand aus:
General Dwight D. Eisenhower befahl die SHAEF-Reserve an die Front. Sie bestand aus der 82. US-Luftlandedivision und der 101. US-Luftlandedivision in Reims. Es waren kampferfahrene Truppen; nach zwei Monaten Kämpfen bei der Operation Market Garden hatten sie Pause.
Beide Divisionen wurden am Abend des 17. Dezember alarmiert und begannen, Transportmittel für den Vormarsch zu arrangieren.
Die 82. US-Luftlandedivision, schon länger in Reserve und deshalb wieder besser ausgerüstet, zog als erste los. Die 101. verließ Camp Mourmelon am Nachmittag des 18. Dezember.
Große Teile des Konvois wurden von Schneeregen behindert. Zu einem Zeitpunkt erstreckte sich die Marschkolonne von Bouillon in Belgien zurück bis nach Reims, also über 120 km.
Die 101. marschierte direkt auf Bastogne zu; die 82. bezog Positionen weiter nördlich, um den kritischen Vormarsch der Kampfgruppe Peiper Richtung Werbomont zu stoppen.
Das »705th Tank Destroyer Battalion«, welches 60 Meilen südlich von Bastogne in Reserve lag, wurde am 18. Dezember nach Bastogne kommandiert, um Anti-Panzer-Unterstützung für die 101. zu leisten; es kam am späten Abend des 19. Dezember an.
Sonstiges
Das »Mardasson-Denkmal« wurde 1950 drei Kilometer nordöstlich vom Zentrum von Bastogne errichtet. Es erinnert an die 76.890 amerikanischen Soldaten, die bei der Ardennenoffensive verwundet, getötet oder vermisst (›casualties‹) wurden. Die Straße vom Zentrum zum Denkmal heißt »Straße der Befreiung«.
In Recogne, sechs Kilometer nördlich von Bastogne, gibt es einen Soldatenfriedhof. Hier liegen 6.807 deutsche Kriegstote.
Ursprünglich lagen dort auch etwa 2.700 US-Soldaten, welche in der Gegend gefallen waren. Diese wurden jedoch im Sommer 1948 auf den »Henri-Chapelle American Cemetery and Memorial-Friedhof« umgebettet.
Die Belagerung von Bastogne ist auch Thema des Spielfilms »Kesselschlacht« (1958) und des Dokumentarfilms »The war« von Ken Burns (Episode Eine Geisterfront) sowie des 6. Teils der Serie Band of Brothers »Bastogne«.